Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht
Das OLG München hat in einem Beschluss vom 16.01.2014 (23 AktG 3/13) bestätigt, dass eine Zustimmungs- oder Stimmenthaltungspflicht des Aktionärs zu einem sog. Kapitalschnitt nur unter sehr engen Voraussetzungen besteht.
In dem vorliegenden Fall stimmte eine Aktiengesellschaft per Hauptversammlungsbeschluss darüber ab, zum Zwecke der Sanierung der Gesellschaft zunächst das Grundkapital herabzu-setzen und sodann durch eine erneute Erhöhung des Grundkapitals der Gesellschaft neues Kapital zuzuführen (sog. Kapitalschnitt).
Im anschließenden Streit über die Wirksamkeit des Beschlusses führte das OLG München aus, dass zwar grundsätzlich in besonders gelagerten Ausnahmefällen der Aktionär aufgrund seiner Treuepflicht gegenüber der AG verpflichtet sei, entsprechenden Kapitalmaßnahmen zum Zwecke einer Sanierung nicht im Wege zu stehen. Voraussetzung für eine Zustimmungs- oder Stimmenthaltungspflicht zur Ermöglichung einer entsprechenden Sanierungsmaßnahme sei jedoch, dass bei Scheitern der Sanierungsmaßnahme der Zusammenbruch der Gesellschaft unvermeidlich ist, im Falle des Zusammenbruchs die Stellung des Aktionärs ungünstiger ist als bei Verkauf der Aktie, die Durchführung der Maßnahme die Erfüllung des Gesellschafts-zwecks nachhaltig sicherstellt und keine schonendere Sanierung möglich ist.
Zur Darstellung dieser Voraussetzungen bedürfe es zumindest eines nachhaltigen Sanierungs-konzeptes, welches im vorliegenden Fall nicht vorlag. Die Kapitalmaßnahme als solche stellt kein solches Konzept dar. Die Aktionäre traf daher keine Pflicht, sich der Stimme zu enthal-ten, damit die Kapitalmaßnahme zustande kam.
Der Beschluss stellt klar, dass an die Anforderungen der Treuepflicht von Aktionären gegen-über der AG sehr strenge Maßstäbe zu stellen sind, welche nur in absoluten Ausnahmefällen heranzuziehen sind.